Volo erzählt: Kommata-Fahndung und eine tote Ziege am Thüringer Desk
Im Juni 2023 fing ich mit meinem Volontariat an und circa fünf Monate davon verbrachte ich schon am Newsdesk – fünf sehr schöne Monate! Nicht für alle Kolleg*innen ist der Desk, wo standortübergreifend alle Nachrichten zusammenlaufen, etwas. Statt rauszugehen, mit Menschen zu sprechen und alles Recherchierte in kreativen Texten zu verpacken, sitzt man meist acht Stunden vor dem Bildschirm und fahndet nach fehlenden Kommata, kurzen Bindestrichen, die eigentlich lange Gedankenstriche sein müssten, und ruft Kolleg*innen an, um zu fragen, ob sie doch bitte noch einmal eine Dachzeile in der Cue-Maske, dem Content-Management-Programm von FUNKE, ausfüllen können.
Für mich war es genau die Arbeit, die ich schon immer machen wollte. Einen neuen Text zu bekommen ist wie ein neues Knobelrätsel: Man muss mitdenken beim Lesen, Ausschau halten nach den Kleinigkeiten, die uns in der Hektik des Alltags nicht auffallen, den Leserinnen und Lesern frühmorgens beim Zeitunglesen aber schon. Natürlich kann es auch mal stressig werden, wenn es schon 15 Uhr ist, die Kolleginnen und Kollegen in der Lokalredaktion aber noch zu beschäftigt mit Terminen waren, um einen Text fertigzustellen. Dann muss man eben die Zeit von acht Stunden Arbeit in vier quetschen – und auch das geht irgendwie.
“Was mir auch am Desk gefallen hat, waren die Einblicke, die ich in die unterschiedlichen Lokalredaktionen erhielt.”
Ich bin am Desk gern zur Arbeit gegangen. Habe meine Tasche abgestellt, die Jacke ausgezogen, mir einen Tee gemacht und erst einmal geschaut, was man so vorbereiten kann auf den Seiten. „Seiten basteln“ nennen die “Deskler” es häufig. Ich finde den Begriff sehr passend: Aus Vorlagen, kleinen Bausteinen und einer Idee entstehen dann Zeitungsseiten, die bestmöglich für einen guten Lesefluss sorgen. Und nebenbei hat man tatsächlich die Zeit, um mit Desk-Kolleg*innen über Kleinigkeiten zu diskutieren (vor allem, wenn man doch mal wieder viel zu lange auf einen bestimmten Satz gestarrt hat und das Gefühl bekommt, statt Wissen zu deutscher Grammatik nur noch gähnende Leere in seinem Kopf vorzufinden).
Sehr in Erinnerung geblieben ist mir die Unterhaltung zu einem bestimmten Bild. Eine in Erfurt einigermaßen bekannte Ziege, die ihr Zuhause auf dem egapark in Erfurt hatte, war verstorben. Und nun die Frage: Müsste man das Bild dieser Ziege nicht schwarz-weiß färben? Immerhin… ist sie tot. Aber andererseits handelte es sich auch um eine Ziege. Da auch toten Ziegen Respekt gezollt werden sollte, wurde das Bild jeglicher Farbe beraubt und ich nahm zehn Minuten an einer ganz amüsanten, aber auch absurden Unterhaltung teil. Außerdem weiß ich durch meine Desk-Arbeit jetzt, dass die Eichsfelder Eisenkuchen zu ihren Waffeln sagen, was natürlich eine sehr wichtige Information ist.
Was mir auch am Desk gefallen hat, waren die Einblicke, die ich in die unterschiedlichen Lokalredaktionen erhielt. Häufig wechselten die Lokalseiten, für die ich zuständig war, und ich musste Absprachen mit immer anderen Kollegen führen. Ich habe viele nette Reporterinnen und Reporter kennengelernt und fühle mich seitdem angekommen und vernetzt im FUNKE-Redaktions-Universum. Das hilft mir sehr bei der Arbeit in der Mantelredaktion, wo ich gerade für den Kulturteil schreibe.